Ursachen für Lesestörungen

Neben den genannten Ursachen für Lesestörungen existieren weitere Leistungsschwächen, die Ursachen für Lesestörungen oder Leseschwächen sein können. Neben schweren Sehstörungen, Hörstörungen und Sprachstörungen waren es die folgende 14 Störungen, die in unseren kontrollierten Studien eine Lesestörung verursachten (Werth 2007, 2018, Klische 2007):

Liste aller bisher bekannten Ursachen

  1. Das zu lesende Wort oder Wortsegment wird nicht am richtigen Ort fixiert.
  2. Das zu lesende Wort oder Wortsegment wird zu kurz fixiert.
  3. Die einzelnen Buchstaben des zu lesenden Wortes oder Wortsegments werden zwar erkannt. Das Kind benötigt jedoch zu lange oder ist außerstande, die zu der Buchstabenfolge gehörende Lautfolge abzurufen.
  4. Es können nur kleine Wortsegmente erkannt werden, weil das Aufmerksamkeitsfeld nicht weiter ausgedehnt werden kann. Das Kind versucht jedoch größere Wortsegmente zu lesen.
  5. Es können nur kleine Wortsegmente gelesen werden, weil die Fähigkeit zum simultanen Erkennen mehrerer Buchstaben zu schwach entwickelt ist. Das Aufmerksamkeitsfeld kann jedoch hinreichend weit ausgedehnt werden.
  6. Beim Lesen werden zu große Blicksprünge ausgeführt. Dadurch werden häufig Buchstaben, Wortsegmente oder ganze Wörter übersehen. Das Kind errät das zu lesende Wort häufig, da es das Wort nur teilweise oder gar nicht erkannt hat.
  7. Die während des Blicksprungs gehemmte Sehleistung erholt sich nachdem Blicksprung zu langsam, um das jetzt fixierte Wort oder Wortsegment zu lesen.
  8. Das Kind kann seine Aufmerksamkeit nicht genügend auf das Lesen eines Wortes oder Wortsegments konzentrieren. Es wird vom um das zu lesende Wort oder Wortsegment liegenden Text zu stark abgelenkt.
  9. Das Kind blickt zwanghaft immer wieder zu bereits richtig gelesenen Wörtern oder Wortsegmenten um zu kontrollieren, ob es richtig gelesen hat. Ein flüssiges Lesen wird dadurch verhindert.
  10. Das Kind kann zwar lesen, kann aber den Inhalt des Gelesenen nicht erfassen. Es muss alle Aufmerksamkeit auf den Leseprozess richten und kann dadurch dem Inhalt keine Aufmerksamkeit mehr schenken.
  11. Das Kind kann lesen, kann aber die Bedeutung gelesener Wörter nicht lange genug im Gedächtnis speichern. Dadurch kann es den Inhalt eines Textes nicht erfassen. Diese Leistungsschwäche wird durch eine verminderte Gedächtnisleitung für gelesene Wörter hervorgerufen.
  12. Gelesene Wörter können nicht mit einer Bedeutung verknüpft werden oder die Bedeutung kann nicht schnell genug aus dem Gedächtnis abgerufen werden. Hiervon sind fast ausschließlich Kinder betroffen, die einen Text lesen, der nicht in ihrer Muttersprache abgefasst ist.
  13. Aussprechbare Pseudowörter können richtig gelesen werden. Wörter einer existierenden Sprache werden jedoch oft falsch gelesen, weil das Kind die Ausspracheregeln nicht schnell genug aus dem Gedächtnis abrufen und/oder auf die Aussprache des gesehenen Wortes anwenden kann. Hiervon sind fast ausschließlich Kinder betroffen, die einen Text lesen, der nicht in ihrer Muttersprache abgefasst ist.
  14. Wörter werden zwar vom visuellen System richtig analysiert, die Laute der einzelnen Buchstaben werden richtig aus dem Gedächtnis abgerufen, das Wort kann richtig nachgesprochen werden, jedoch kann die Lautfolge das gesamten Wortes nicht richtig gebildet werden, wenn das Wort visuell geboten wird.